Samstag 10 Uhr in einer Schmiede am Stadtrand von Blaubeuren. Schmieden eines Damastmessers. In 2 Tagen. Für Laien. Kann das funktionieren?
Am Ende des ersten Tage kann ich sagen: Ja, das könnte hinkommen.
Dabei stand der Beginn des ersten Tages unter keinem guten Stern. Anstatt der max. 4 Teilnehmer standen auf einmal 6 Personen auf der Matte. Aber Jonathan (Mitte) …

… der sehr junge Schmied mit unglaublich viel Wissen (Chemie, Werkstoffkunde, Geschichte der Eisengewinnung…) nahm es gelassen. Ein paar Engpässe bei der Werkstückbearbeitung gab es schon, aber letztendlich konnten alle ganz gut damit leben.
Aber der Reihe nach.
Nach einer groben Einweisung in den Ablauf der nächsten 2 Tage bekommen wir einem kurzen historischen Abriss der Metallverarbeitung.

Wie wir weiter erfahren, hat das Falten und wiederholte Feuerverschweisen des Stahls weniger mit dem Aussehen, als historisch bedingt mit dem „Austreiben“ von Verunreinigungen aus den Eisenklumpen (Luppen, rechts oben) zu tun. Erst als die so hergestellten Messer und Schwerter zu Statussymbolen wurden, hat man auch mit den optischen Linien der Schichten experimentiert und diese als Gestaltungselemente eingesetzt.
Dann nehmen wir unsere vorbereiteten Werkstücke in Beschlag:

Ein Block aus 15 Lagen Stahl (rechts im Bild) für je 2 Personen wurde schon für uns vorbereitet und zu einem massiven Klotz feuerverschweißt (links im Bild).
Es handelt sich um 2 verschiedene Kohlenstoffstähle – Mangan- und Nickelstahl mit zusätzlich Karbiden und Wolfram für die Härte und Schneidhaltigkeit.
Es sind also keine Chrom-, sondern eben Kohlenstoffstähle, wie sie auch die Japaner wegen der erreichbaren Schärfe verwenden. Rostfreiheit (durch Chrom) spielt bei uns keine Rolle.
Was wir hier machen werden, nennt sich „Wilder Damast“ – im Gegensatz zu anderen Damastklingen, wo es vor allem auf die Optik ankommt. Bspw. wie hier, wo 5 verschiedene Damaststähle wiederum ineinander verarbeitet werden:

Alle 6 Teilnehmer unserer Gruppe haben sich für Kochmesser entschieden, die wir bis morgen Abend fertigen werden. Hier ein Paar Beispiele, an denen wir uns orientieren konnten:

Und dann geht es auch schon ans Schmieden:

Immer wieder erhitzen wir unsere 15 Lagen Ausgangsmaterial bis um die 1000 Grad und schmieden unter dem pneumatischen Schmiedehammer unseren Block bis auf ca 5 cm Breite und einem halben Meter Länge.

Dann kommt ein anstrengender Teil:
Dieser (noch) 15lagige Flachstahl muss vor dem nächsten Schritt möglichst vollständig von Zunder/Schmiedehaut befreit werden. Also ran an die Flex mit Schrubbscheibe. Das ist körperlich anstrengend und zeitaufwendig.

Und es gibt nur 2 Flexarbeitsplätze. Jetzt rächt es sich, dass wir 3 Werkstücke anstatt 2 bearbeiten müssen. Aber irgendwann ist auch das geschafft.
Danach schneiden wir diesen „Flachstahl“ in 7 gleichlange Teile und legen diese nun 105 Schichten (7×15= 105) Lagen Stahl nochmals übereinander.
Per Mag-Schweißen werden die Ecken zusammengeheftet. In der Esse (Gasofen) wird das Werkstück auf 700-800 Grad erhitzt und an den Ecken mit kräftigen Hammerschlägen per Hand zusammengefügt.

Wieder ab in die Esse, Borax als Flussmittel drauf, Esse, 900 Grad, Borax, Esse 1000 Grad, Lufthammer auf Halbgas, Bürsten, Borax, Esse, 1200 Grad, Lufthammer Vollgas … So geht es eine ganze Weile, bis wir unser Werkstück in Form und die gewünschte Länge für 2 Messerrohlinge gebracht haben.


Dann werden die gewünschten Messerformen aufgemalt ( 2 Messer pro Stahlstück ). Nach dem Halbieren mit dem Trennschleifer arbeitet jeder an seinem Messer weiter. So enstehen an den Bandschleifern unsere Messer in ihrer ganz groben Form. Diese Rohlinge sehen jetzt noch gedrungen und ziemlich kurz aus, aber das wird sich im nächsten Schritt noch ändern.

Dann geht es ans Feinschmieden/Tampern, um nochmals Länge zu gewinnen und um die gewünschte engültige Dicke zu erreichen.

Nach nochmaligen Aufmalen und intensivem Schleifen liegt dann endlich der Messerrohling in seiner entgültigen Form vor uns.

Ich habe mich übrigens – wie man sieht – für ein japanisches Kochmesser entschieden (rechts).
Mittlerweile ist es früher Abend.
Nun wird noch der sogenannte Erl angeschweißt – eine Verlängerung aus Baustahl, die später in den Griff hineinragen soll.
Es folgt jetzt noch das Härten in 3 Schritten:
1) Normalisieren: der durch das Schmieden „gestresste“ Stahl wird auf 900 Grad in der Esse (Gasofen) erhitzt, danach langsam an der Luft abgekühlt und soll sich dadurch entspannen.
2) Das eigentliche Härten: der Messerrohling wird in einem kleinen Elektroofen auf ca. 830 Grad erwärmt und dann in einem Härteöl auf und ab bewegt, bis er etwas abgekühlt ist.
3) „Anlassen“: in einen weiteren Elektroofen wird der Rohling noch einmal auf 180 Grad erwärmt. Dadurch wird die Härte/Sprödigkeit auf ca 60 bis 61 Rockwell zurückgenommen und das Material wieder ein ganz klein wenig zäher und elastischer.
Gegen 19 Uhr haben wir es für heute geschafft. Ein anstrengender Tag liegt hinter uns. Jetzt ab ins Hotel Ochsen, duschen und dann ein ordentliches Abendessen. Das haben wir uns verdient.












































